In jeder Stadt der Türkei gibt es Friedhöfe für die kimsesiz – jene, die als solche gelten, die ‚niemanden haben‘. Hier werden die Geltungslosen, Verstoßenen und Nicht-Anerkannten bestattet: Obdachlose, Opfer von sogenannten Ehrenmorden und Femiziden, Geflüchtete, kurdische politische Gefangene und Transfrauen. Durch Interviews mit Wissenschaftler:innen, Anwält:innen und Aktivist:innen untersuche ich die Gesetze, die bürokratischen Strukturen und die Machtverhältnisse, die diese Begräbnisstätten regeln. Dabei möchte ich herausfinden, ob es Initiativen gibt, die den dort Bestatteten Gerechtigkeit oder Anerkennung verschaffen wollen. Meine Recherchen führen mich auf kimsesiz-Friedhöfe in Istanbul, Van, Diyarbakır, Izmir und Ankara – Orte, an denen politische und gesellschaftliche Dynamiken den Umgang mit den Toten unterschiedlich prägen. Durch den Vergleich ihrer Strukturen, Bestattungsprozesse und der Identitäten der Verstorbenen versuche ich zu verstehen, wie Marginalisierung selbst über den Tod hinaus fortbesteht. Eine multidisziplinäre Installation wird diesen Vergessenen eine Stimme geben – sie ehren und ihr Andenken in Würde bewahren.
Leman Sevda Darıcıoğlu ist eine multidisziplinäre Künstlerin mit Sitz in Berlin und Istanbul. Ihre Arbeiten umfassen Langzeitperformance, Video, Installation und öffentliche Interventionen.